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100 Jahre Zionismus - praesentiert von: Pedagogic Center der Jewish Agency

Herzl und die Zionistische Bewegung:
Von Basel nach Uganda
Hintergrundtext

von Nili Kadary


Ziele:

  • 1. Ueberblick ueber die Entwicklung der Zionistischen Bewegung.
  • 2. Einschaetzung von Herzls politischen Strategien als Fuehrer der Zionistischen Bewegung.
  • 3. Untersuchung der Debatte ueber den Ugandavorschlag und des Konfliktes, den er innerhalb der Bewegung verursachte

1. Die Entwicklung der Zionistischen Bewegung zwischen 1897 und 1904

A. Quantatives Wachstum Die Zionistische Bewegung wurde in diesen sieben Jahren zu einer Bewegung der juedischen Massen. Ihre Groesse verachtfachte sich innerhalb des einen Jahres zwischen dem ersten und zweiten Kongress. Die Mitgliederzahl wuchs in der Folge stetig.

B. Kongresse Das zentrale parlamentarische Organ der Zionistischen Bewegung - der Kongress - trat regelmaessig zusammen. 1897 bis 1901 fand der Kongress jaehrlich statt, danach alle zwei Jahre. Am zweiten Kongress wurde die Basis fuer die Juedische Kolonialbank gelegt, die von Herzl als maechtiges Instrument fuer politische, wirtschaftliche und zionistische Aktivitaeten betrachtet wurde. Der fuenfte Kongress autorisierte einen Fonds fuer den Landerwerb in Eretz Israel.

C. Die Rolle der russischen Zionistischen Organisation Zur Zeit des ersten Kongresses gewaehrleisteten die russischen Zionisten den Grossteil der Unterstuetzung fuer die gesamte Bewegung und umfassten ein Drittel der Delegierten. Waehrend des vierten und fuenften Kongresses stellten sie mehr als die Haelfte der Repraesentanten.

Zu dieser Zeit identifizierten sich die russischen Juden sehr stark mit dem Zionismus, der in allen Schichten seine Anhaenger hatte. Die erfolgreiche Verwurzelung der Bewegung in der russischen juedischen Gemeinde, brachte dieser Gruppe von Zionisten eine Position allererster Wichtigkeit innerhalb der zionistischen Organisationen.

Am sechsten Kongress fuehrte Herzl eine erfolgreich etablierte, dynamische Bewegung. Diese Entwicklung hatte ungeachtet der Tatsache stattgefunden, dass sein Ziel, die Errichtung einer nationalen juedischen Heimstaette, in weiter Ferne lag. Diese bedrueckende Situation und die ueberwaeltigende juedische Unterstuetzung der zionistischen Bestrebungen bildeten gemeinsam eine feste Grundlage fuer ihren Erfolg. Herzls Leistung, die Unterstuetzung der russischen Juden zu mobilisieren, war eine kritische und wichtige Phase in der Entwicklung des Zionimus, denn die russischen Zionisten begannen, die fuehrende Kraft der gesamten Bewegung zu werden. Er hatte so einen Koerper geschaffen, der schliesslich die Verwirklichung des zionistischen Zieles foerdern wuerde.

2. Herzls Gegner

Gleichzeitig mit der dynamischen Entwicklung der Zionistischen Bewegung, die in der juedischen Oeffentlichkeit Begeisterungsstuerme hervorrief, erschienen scharfe Kritiker des Zionismus. Verschiedene Richtungen und Stroemungen innerhalb des Judentums lehnten Herzls Politik ab. Sie koennen folgendermassen zusammengefasst werden:

  1. Ein Teil der Ultraorthodoxie betrachtete den Zionismus als Haeresie gegen die Grundsaetze der juedischen Religion.
  2. Fuer Teile der juedischen Elite war Herzl ein falscher Messias, und seine Bewegung gefaehrdete die Emanzipation, nach der sie strebten.
  3. Wohletablierte und reiche Juden fuerchteten um das Schicksal ihrer Geschaefte und ihres Kapitals. Ausserdem wuerde sich die oeffentliche Meinung ueber die Juden verschlechtern.
  4. Die Sozialdemokratie im allgemeinen und der "Bund" - die juedische Arbeiterbewegung - im besonderen behaupteten, der Zionismus koenne nicht hoffen, die Judenfrage zu loesen, sondern wuerde nur dem Status der juedischen Arbeiter schaden und ihre Anerkennung als unabhaengige Klasse sabotieren.

3. Politische Aktivitaet: Der Kampf um einen Charter

A. Fruehe poltische Orientierung - Deutschland Herzl begann fuer sein erhabenes zionistisches Ziel - die Errichtung eines juedischen Staates - in Europa einen grossangelegten poltischen Feldzug. Der Erfolg des ersten Kongresses hatte ihm den Anstoss gegeben, seine diplomatischen Bemuehungen fortzusetzen. Er konzentrierte sich auf die erste Phase der Erfuellung des Zionismus: die Sicherung der rechtlichen Grundlagen - mit anderen Worten: eine internationale politische Zustimmung zur Errichtung eines juedischen Staates. Als zweite Phase sah er einen Charter der tuerkischen Regierung fuer die Juden in Eretz Israel vor, um Palaestina unter der Souveraenitaet des Sultans zu kolonisieren. Dieser Charter wuerde die relevanten oeffentlichen und rechtlichen Garantien enthalten. Die Idee des Charters wurde von Herzl verfolgt, nachdem ihm klar geworden war, dass die Bedingungen fuer die Etablierung eines souveraenen juedischen Staates in Eretz Israel noch nicht geschaffen worden waren.

Deutschland war damals die fuehrende europaeische Macht, und Herzl teilte ihm daher eine Hauptrolle in diesem Szenarium zu. Herzl versuchte, Kaiser Wilhlem II zu treffen, da er sich erhoffte, ihn von der Billigkeit der zionistischen Sache ueberzeugen zu koennen. Danach wollte er ueber ihn Zugang zum Hof des tuerkischen Sultans in Kuschta, da Deutschland von allen europaeischen Laendern am engsten mit der Tuerkei verbunden war.

Als Herzl mit dem Herzog von Baden, dem Onkel des Kaisers, zusammentraf, versuchte er, ihn von der Wichtigkeit eines Treffens mit Kaiser Wilhelm zu ueberzeugen. Nach mehr als eineinhalb Jahren fruchtloser Kontakte mit einflussreichen deutschen Persoenlichkeiten, wurde Herzl waehrend eines Aufenthaltes in Amsterdam zum deutschen Konsul berufen und davon in Kenntnis gesetzt, der Kaiser sei bereit, ihn auf seiner Reise nach Jerusalem zu treffen.

Kaiser Wilhelms erster Aufenthalt auf dieser Reise nach Palaestina war Kuschta. Herzl fuhr im Oktober 1898 nach Kuschta, wo er den Kaiser zum ersten Mal traf und das Versprechen eines weiteren Treffens in Jerusalem erhielt.

Herzl und seine Begleiter gingen mit Optimismus nach Jerusalem, um auf das zweite Treffen zu warten, das am 2. November stattfand. Der frostige und ohne Protokoll durchgefuehrte Empfang liess Herzl zur Erkenntnis kommen, dass der deutsche Monarch sein urspruengliches Angebot, die juedische Siedlung im Land Israel zu unterstuetzen, zurueckgezogen hatte.

B. Zweite politische Orientierung - Tuerkei Nachdem die diplomatischen Bemuehungen mit Deutschland gescheitert waren, fasste Herzl den Entschluss, sich ohne Vermittler der ottomanischen Regierung zu naehern, um den Charter zu erhalten. Die hohen Schulden der Tuerkei bei den europaeischen Maechten bildeten den Angelpunkt seiner Verhandlungen am Hof von Kuschta. Er stellte die Idee voran, die Zionistische Bewegung koenne der Tuerkei behilflich sein, ihre Schulden zu bezahlen. Im Gegenzug sollte den Zionisten ein Charter fuer die juedische Siedlung unter tuerkischer Aegide garantiert werden.

Herzl reiste fuenf Mal nach Kuschta. Der Sultan bot fuer eine ansehnliche Summe an, Juden in Syrien, dem anatolischen Hochland oder sonstwo im ottomanischen Reich anzusiedeln, ausser in Eretz Israel. Herzl wies alle diese Angebote zurueck und setzte sein Fundraising fort, in der Hoffnung, dies wuerde die Natur der Vorgaenge in Kuschta aendern. Im Juli 1902 wurde er dringend nach Kuschta berufen. Es stellte sich heraus, dass die langwierigen Verhandlungen mit der Tuerkei ein absichtlicher Verschleppungsversuch gewesen waren, um gleichzeitige zionistische Verhandlungen mit Frankreich zu verhindern, und damit den Tuerken die bestmoeglichen Bedingungen zu sichern.

Fuer das Scheitern von Herzls Verhandlungen mit der Tuerkei gibt es drei wesentliche Gruende: (1.) Bis zu einem gewissen Grad tragen juedische Bankiers und Geschaeftsleute die Verantwortung, da sie nicht in die zionistischen Bemuehungen investierten und daher Herzls Angebot schwaechten. (2.) Von Anfang an betrachtete der tuerkische Sultan Herzl nicht als serioesen Verhandlungspartner, wie es die tuerkische prinzipielle Ablehnung der zionistischen Siedlung mit souveraenem Charakter in Eretz Israel beweist. (3.) Herzls eigene Taktik war ebenfalls teilweise fuer das Scheitern verantwortlich. Die Zentralpersoenlichkeit der Zionistischen Bewegung bereitete den Boden fuer ihre Arbeit nicht geeignet vor, ihre Verhandlungen mit den Tuerken entbehrte jeder realistischen Grundlage was die Kapazitaet der Bewegung, ein so grossangelegtes und kompliziertes finanzielles Unternehmen auszufuehren, betraf.

C. Dritte politische Orientierung - Grossbritannien Herzls Erfolglosigkeit bei den Verhandlungen, um vom Ottomanischen Reich den Charter zu erhalten, entmutigte ihn nicht, und er wandte sich stattdessen Grossbritannien zu.

Die grosse juedische Einwanderungswelle nach Grossbritannien am Ende des 19. Jahrhunderts war ein Grund zur Besorgnis fuer die Regierung, da die Oeffentlichkeit eine Fortsetzung dieser Immigration ablehnte. Nach Debatten in Parlament und Presse wurde eine koenigliche Kommission eingesetzt. Die Kommission lud Theodor Herzl als Fuehrer der Zionistischen Bewegung, ein, vor ihr zu erscheinen und als Experte ueber das Thema der juedischen Wanderung zu sprechen. Herzl glaubte, die Umstaende rund um das Thema seien eine guenstige Gelegenheit, wichtige Persoenlichkeiten der britischen Regierung zu ueberzeugen, die Idee des Judenstaates zu unterstuetzen. Zum ersten Mal machte er eine Idee publik, die er bereits im privaten Kreis zur Sprache gebracht hatte: Juedische Siedlung im britisch kontrollierten Territorium an der Grenze zu Eretz Israel - Zypern oder El Arish auf der Halbinsel Sinai - als zeitweiliger Unterstand fuer die Massen der verfolgten Juden. (Er hoffte, damit die Zeit bis zum Charter fuer Eretz Israel zu ueberbruecken.) Der Vorschlag, die osteuropaeischen Juden auf der Halbinsel Sinai anzusiedlen, fiel durch, aber Herzl suchte unermuedlich weiter eine zeitweilige Loesung des Fluechtlingsproblems. Der britische Kolonialminister schlug Herzl Uganda vor, der jedoch ablehnte. Als andere Entwicklungen eine Loesung unbedingt erforderlich machten, kehrte er zu dieser Moeglichkeit zurueck.

4. Der Ugandaplan

A. Das Pogrom von Kischinew Zu Ostern 1903 fegte ein Pogrom beispiellosen Ausmasses durch Kischinew. Der Pogrom erschuetterte die russische Elite, darunter Gorki und Tolstoi, und die europaeische Oeffentlichkeit.

B. Herzl in Russland Die russische Regierung war daran interessiert, die Folgen des Pogroms zu mildern und lud Herzl zu "Gespraechen" mit Regierungsvertretern ein. Herzl stimmte zu, da er die Erlaubnis fuer eine legale Basis der Zionistischen Bewegung in Russland erhalten wollte. Ausserdem wollte er die Gelegenheit nutzen, Unterstuetzung fuer die russischen Juden zu zeigen und die Haltung der Behoerden den Juden gegenueber zu maessigen.

Obwohl Herzls Besuch keine konkreten Ergebnisse brachte, so hatte er doch die Moeglichkeit, die juedischen Massen Russlands zu treffen, die kamen, um ihren "Koenig" zu sehen, eine ueberwaeltigende und emotionale Erfahrung. Unter dem Eindruck dieser Begegnung und den dortigen muehseligen Lebensumstaenden kehrte Herzl nach Hause zurueck und war bereit, den Ugandavorschlag als temporaere Loesung zu betrachten. Unmittelbar darauf fand der sechste Kongress in Basel statt.

C. Der Ugandavorschlag. Die Meinungsverschiedenheit und ihre Folgen.

Herzl berichtete den sechshundert Delegierten des Zionistischen Kongresses ueber seine Russlandreise und dem Scheitern der Verhandlungen mit der Tuerkei und Deutschland. Dann liess er die "Ugandabombe" platzen.
(Aus Herzls Eroeffnungsrede des sechsten Kongresses: "Das neue Landgebiet hat nicht den geschichtlichen, poetisch-religioesen und zionistischen Wert, den auch noch die Halbinsel Sinai besessen haette, aber ich zweifle nicht, dass der Kongress als Vertreter der juedischen Masse auch das neue Anerbieten mit waermster Dankbarkeit entgegennehmen wuerde. Der Vorschlag bedeutet eine autonome juedische Ansiedlung in Ostafrika mit juedischer Verwaltung, juedischer Lokalregierung und einem juedischen Oberbeamten an ihrer Spitze, alles natuerlich unter britischer oberhoheitlicher Ueberwachung ... Zion ist dies freilich nicht und kann es nie werden. Es ist nur eine Kolonisationsaushilfe, aber wohlgemerkt, auf nationaler und staatlicher Grundlage.")
Eine wilde Debatte brach zwischen Befuerwortern und Gegnern des Vorschlages aus. Schliesslich wurde vorgeschlagen, eine Untersuchungskommission zur Pruefung nach Uganda zu entsenden. 295 Delegierte sprachen sich dafuer aus, 175 dagegen, 132 enthielten sich der Stimme. Die Kluft war unvermeidlich. Die meisten Befuerworter waren aus Westeuropa, waehrend die russischen Zionisten, darunter auch die Abordnung aus Kischinew, opponierten. Die russischen Zionisten warfen ihren westeuropaeischen Kollegen, und vor allem Herzl, vor, die schreckliche Tragoedie, die sich in Osteuropa ereignet hatte, nicht zu verstehen. Weizmann, der spaetere erste Praesident des Staates Israel, sagte, sie haetten nicht verstanden, dass „die russischen Juden angesichts all ihrer Leiden nicht bereit seien, ihren Traum und ihre Sehnsucht nach dem Land ihrer Vaeter mit irgendeinem anderen Territorium zu vertauschen."

Der Anfuehrer der "Nein"-Stimmen war Dr. Jechiel Chlenow, der behauptete, Herzls Sieg wuerde den Niedergang der Zionistischen Bewegung ankuendigen. Auf der Hoehe der Debatte verliessen viele der Gegner ihren Platz, weinten, fielen in Ohnmacht oder sassen auf dem Fussboden, um ihre Trauer zu symbolisieren. Die Sorge war gross, dass die Zionistische Bewegung an ihrem Ende angekommen war. Herzl anerkannte nun die Kraft der Opposition, und die einizige Moeglichkeit, die ihm verblieb war, einzulenken. In seiner letzten Kongressrede wiederholte er, dass Uganda nur eine temporaere Loesung sei, erhob seinen rechten Arm und schwor: "Wenn ich Dein vergesse, Jerusalem, …"

Der Ugandaplan legte offen, dass Herzl den tiefen Glauben an den Zionismus nicht verstand. Vor allem die russischen Juden legten ihre ganze Hoffnung in Eretz Israel, obwohl der Ugandavorschlag beabsichtigte, ihre Situation beizulegen.

Nach dem Fehlschlag des Ugandaplanes war Herzl ein gebrochener Mann. Mehr als sieben Jahre hatte er die Zionistische Bewegung gefuehrt, sein Gesundheitszustand wurde immer schlimmer und nach "Uganda" kam eine weitere Verschlechterung.
Trotzdem setzte er seine Bemuehungen fort, um sein Ziel zun erreichen, reiste, um den Papst und den Koenig von Italien zu treffen.
Im Juli 1904 starb Herzl an einem Herzinfarkt.

"Nur einmal in tausenden von Jahren wird so ein wunderbarer Mensch geboren", schrieb damals der siebzehnjaehrige David Gruen, der sich spaeter Ben Gurion nennen und der erste Ministerpraesident des Staates Israel werden wuerde.

Im August 1949 wurden Herzls sterbliche Ueberreste - wie er es in seinem Testament gewuenscht hatte - aus Wien nach Jerusalem ueberfuehrt und am Herzlberg, der ihm zu Ehren diesen Namen erhielt, beigesetzt.


Editor: Yossi Pnini
Internet Version: Editor: Gila Ansell Brauner


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Created: 16/11/00 Updated: 18/12/00


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