Simon Dubnow (1860-1941)
"Schreibt, Jiddn, schreibt!"
Im Juli 1941 wurde Riga von den Deutschen eingenommen. In der Schreckensnacht
des 8. Dezembers 1941, als die juedische Gemeinde von Riga in die Todeslager
deportiert wurde, schleppte die Gestapo den 81 jaehrigen Gelehrten aus seinem
Haus. Simon Dubnow wurde von einem seiner ehemaligen Schueler erschossen.
Der in Mstivlav, Weissrussland, geborene Dubnow erhielt eine traditionelle
juedische Erziehung, hoerte aber bald auf, die religioesen Vorschriften zu
befolgen. Er war ein Autodidakt, der sich seine Bildung in der - wie er sagte -
"Universitaet zu Hause" aneignete. Zwischen 1880 und 1906 lebte Dubnow - zuerst
illegal - in St. Petersburg, in Odessa, wo er sich dem Kreis um Achad Ha Am
anschloss und in Wilna. Er schrieb fuer die juedische Presse.
Schliesslich kehrte er nach St. Petersburg zurueck, lehrte juedische
Geschichte, der sein Hauptinteresse galt. Ab 1908 unterrichtete er am Institut
fuer juedische Studien und ab 1919 in der Juedischen Volkshochschule.
Dubnow war Gruender und Leiter der Juedisch-Historisch-Ethnographischen
Gesellschaft.
Als die Bolschewiken an die Macht kamen, wurde Dubnow gefragt, ob er an der
Arbeit zahlreicher Komitees teilnehmen wolle, die Publikationen ueber juedische
Themen vorbereiteten. Keine dieser Arbeiten wurde jemals veroeffentlicht.
1922 verliess Dubnow Russland und ging nach Berlin, wo er bis 1933 blieb.
Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten fand Dubnow in Riga
Zuflucht. Dort setzte der getagte Gelehrte seine Arbeit in Einsamkeit fort.
Dubnows Lebenswerk ist das Studium der juedischen Geschichte, des relevanten
Quellenmaterials und die soziologische Interpretation. Dubnow schrieb zuerst
einige Studien ueber das Leben der Juden in Russland und Polen. Sein Hauptwerk
ist die "Weltgeschichte des juedischen Volkes", deren zehn Baende zuerst
(1925-1929) in Deutschland veroeffentlicht wurden und spaeter auf russisch und
hebraeisch.
Dubnow glaubte, das Studium der juedischen Geschichte sei der Schluessel
fuer das Verstaendnis der Vergangenheit, helfe ihm an der Verbesserung der
Gegenwart zu arbeiten und gewaehre die zukuenftige Loesung fuer das juedische
Volk. In der Diaspora hatten die Juden einige Attribute verloren, die
normalerweise die dauernde Existenz eines Volkes sichern. Sie hatten ein
soziales und ideologisches System aufgebaut, das sie befaehigte, in einem
fremden Land in gesetzlicher Autonomie und spiritueller Unabhaengigkeit zu
ueberleben.
Dubnows Idee stand im Gegensatz zum Zionismus und den verschiedenen Formen
der Assimilation. Dubnow glaubte, die Juden wuerden auch in Zukunft ueberleben,
wenn sie den wirklichen Willen hatten, Zentren spiritueller Staerke zu
entwickeln. Er war nicht der Meinung der Zionisten, fuer die juedisches Leben im
Exil zum Scheitern verurteilt war und deren Hoffnung fuer ein schwaches und
zerstreutes Volk im neuen Leben in Eretz Israel lag. Er argumentierte, dass die
Basis ihres nationalen Lebens ihr Geist und ihre Kultur seien. Diese Idee
beeinflusste viele Juden, die eigene Qualitaet des juedischen Geistes und die
spezielle Rolle, die er im Ueberleben dieser Nation gespielt hatte, zu
schaetzen.
Noch 1939, am Vorabend der Vernichtung des europaeischen Judentums, betonte
Dubnow nochmals seine Ueberzeugung:
"In der Sicht des Historismus, wie er dem Dogmatismus gegenuebersteht, war
die Diaspora nicht nur eine Moeglichkeit, sondern eine Notwendigkeit. Ein Volk,
klein an Quantitaet, aber grossartig in seinen Qualitaeten, das sich am
Kreuzungspunkt zwischen den riesigen Nationen Asiens und Afrikas befand, konnte
nicht beides bewahren: seinen Staat und seine Nationalitaet. Es musste das
Gefaess zerbrechen, um den Wein zu erhalten - und dies war das grosse Wunder in
der Geschichte der Menschheit."
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Bearbeitung: Dr. Chani Hinker
Updated: 11/12/00