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Jitzchak Rabin
(1922-1995)
"Jitzchak Rabin war mein Partner und mein Freund.
Ich bewunderte ihn und ich liebte ihn sehr. Da Worte meine wahren Gefuehle nicht
ausdruecken koennen, will ich nur sagen: Schalom, Chaver."
(Bill Clinton)
"Er hatte den Mut, er hatte eine Vision und er
hatte sich dem Frieden verpflichtet. ... Solange ich lebe, werde ich stolz sein,
ihn gekannt zu haben, mit ihm gearbeitet zu haben, als ein Bruder und als ein
Freund, als ein Mensch - und die Beziehung in unserer Freundschaft, die wir
hatten, ist etwas Besonderes und ich bin stolz darauf."
(Koenig Hussein von Jordanien)
Am
Abend des 4. November 1995 fand in Tel Aviv unter dem Motto "Ja zum Frieden,
Nein zur Gewalt" eine grosse Kundgebung statt.
Damals sagte Ministerpraesident
Jitzchak Rabin:
"Erlaubt mir zu sagen, dass ich
tief bewegt bin. Ich moechte gerne jedem einzelnen von Euch danken, der heute
hierher gekommen ist, um fuer Frieden zu demonstrieren und gegen Gewalt. Diese
Regierung, der ich gemeinsam mit meinem Freund Shimon Peres das Privileg habe,
vorzustehen, hat sich entschieden, dem Frieden eine Chance zu geben - einem
Frieden, der die meisten Probleme Israels loesen wird. ... Ich habe immer daran
geglaubt, dass die Mehrheit der Menschen Frieden haben moechte und auch bereit
ist, fuer den Frieden Risiken einzugehen. Euer Kommen heute zeigt, dass Ihr,
gemeinsam mit vielen anderen, die nicht gekommen sind, wirklich Frieden wollt
und Gewalt ablehnt. Gewalt hoehlt die Basis der israelischen Demokratie aus. ...
Das ist nicht der Weg des Staates Israel. In einer Demokratie kann es
Differenzen geben, aber die letzte Entscheidung wird in demokratischen Wahlen
getroffen, wie in den Wahlen von 1992, die uns das Mandat gaben, zu tun, was wir
nun tun, und diesen Weg weiterzugehen. ... Es gibt Feinde des Friedens, die
versuchen, uns zu verletzen, um den Friedensprozess zu torpedieren. Ich moechte
es offen sagen, dass wir auch unter den Palaestinensern einen Friedenspartner
gefunden haben: die PLO ... Ohne Partner fuer den Frieden, kann es keinen
Frieden geben. ... Fuer Israel gibt es keinen Weg ohne Schmerz. Aber der Weg des
Friedens ist dem Weg des Krieges vorzuziehen. Ich sage Euch dies als jemand, der
27 Jahre lang ein Mann des Militaers war, als jemand, der heute als
Verteidigungsminster das Leid der Soldatenfamilien sieht. ... Diese Kundgebung
muss eine Botschaft an das israelische Volk senden, an die Juden in aller Welt,
an die Menschen in den arabischen Laendern, an die ganzen Welt: dass das
israelische Volk den Frieden will und den Frieden unterstuetzt. Dafuer danke ich
Euch."
Neunzig Minuten, nachdem Rabin seine
Ansprache beendet hatte, wurde er von einem juedischen religioesen Extremisten
ermordet.
Jitzchak Rabin wurde 1922 in Jerusalem
geboren. Sein Vater Nehemia war aus den Vereinigten Staaten eingewandert, die
Mutter, Rosa, war eines der ersten Haganahmitglieder.
Rabin besuchte in Tel Aviv die
Grundschule und danach das Kadourie College fuer Landwirtschaft in Galilaea, das
er mit Auszeichnung abschloss. "Ich wollte Wasserbauingenieur werden", sagte
Rabin spaeter, "weil ich dachte, das sei ein wichtiger Beruf im ausgetrockneten
Nahen Osten. ... Aber ich war gezwungen, mich den Waffen zu widmen."
Rabin trat als Freiwilliger in die
Palmach ein und begann dort seine militaerische Laufbahn, die er ab spaeter in
der IDF fortsetzte.
Schon
in den sieben Palmachjahren zeichnete sich Rabin als militaerischer Fuehrer
aus. Im Unabhaengigkeitskrieg wurde der junge Kommandant nach Jerusalem
geschickt. Nach sechsmonatiger Belagerung fiel die Altstadt in die Haende
der jordanischen Truppen, obwohl Rabin und seine Soldaten den Kampf in
Westjerusalem fortsetzten. Nach dem Waffenstillstand schloss sich Rabin den
Einheiten im Sueden an. Er gehoert zu den Eroberern von Eilat und der Negev.
Bereits 1949 machte Rabin seine ersten Erfahrungen in Friedensgespraechen.
Er nahm an den Waffenstillstandsverhandlungen auf Rhodos teil. Nach der
Aufloesung der Palmach trat Rabin in die Israelischen
Verteidigungsstreitkraefte ein. 1952 ging Rabin nach Grossbritannien und
studierte an der Militaerakademie in Camberley. Im Alter von 32 Jahren stieg
er in den Rang eines Generalmajors auf und begruendete die
Ausbildungsdoktrine der IDF, die unter dem Kommando "Folgt mir" bekannt
wurde.
1956 wurde Rabin Kommandant der
Einheiten im Norden. Er war fuer die Bewohner an den Waffenstillstandslinien
verantwortlich, die immer wieder durch syrische Ueberfaelle bedroht wurden.
1959 bis 1963 diente Rabin als
Stellvertretender Generalstabsschef.
1964 wurde Jitzchak Rabin zum
Generalstabschef ernannt. Er entwickelte die Kampfdoktrine der IDF, die auf
Bewegung und Ueberraschung beruht und die waehrend des Sechs Tage Krieges
angewandt wurde, als die israelische Ueberlegenheit in der Luft und das
massive Waffendeployment zum beruehmten israelischen Sieg fuehrten. Am 7.
Juni 1967 betraten Jitzchak Rabin, Verteidigungsminister Moshe Dayan und
General Uzi Narkis die befreite Altstadt von Jerusalem. Im Juni 1967 erhielt
Jitzchak Rabin ein Ehrendoktorat von der Hebraeischen Universitaet in
Jerusalem, das er als Repraesentant der gesamten IDF annahm. In der
Feierstunde am Skopusberg sagte er: "Heute anerkennt die Universitaet die
Moral und die spirituelle Kraft der Armee, die sich im aktiven Kampf gezeigt
haben. Denn wir alle stehen heute hier nur durch den Mut, der die Welt in
Erstaunen versetzt hat. ... Die Begeisterung und der Stolz des Siegen haben
die gesamte Nation ergriffen. Aber bei den Soldaten selbst kann ein
interessantes Phaenomen beobachtet werden. Sie koennen sich nicht aus ganzem
Herzen freuen. Ihr Triumpf wird durch Trauer und Betroffenheit gemindert,
und einige koennen sich ueberhaupt nicht freuen. Die Maenner an vorderster
Front sahen mit ihren eigenen Augen nicht nur den Sieg, sondern auch den
Preis, der fuer ihn bezahlt werden musste: ihre neben ihnen fallenden
Kameraden. Und ich weiss, dass der schreckliche Preis, den auch unsere
Feinde zahlen mussten, vieler unserer Maenner tief bewegt hat. ... Unsere
Soldaten gewannen nicht nur durch die Kraft ihrer Waffen die Oberhand,
sondern durch den Zweck ihrer Mission, durch das Bewusstsein der
Gerechtigkeit ihres Anliegens, durch ihre tiefe Liebe fuer ihr Land und
durch ihr Verstaendnis fuer die schwere Aufgabe, die ihnen auferlegt wurde:
die Existenz unseres Volkes in seinem Heimatland zu sichern und - auch fuer
den Preis des eigenen Lebens - das Recht des juedischen Volkes auf das Leben
im eigenen Staat, in Freiheit, Unabhaengigkeit und Frieden zu bestaetigen."
Im Jaenner 1968 schied Rabin aus dem
Dienst in den IDF aus, trat kurz danach in das diplomatische Korps ein und wurde
Botschafter in den Vereinigten Staaten, eine Position, die er bis 1973
innehatte.
Rabin wurde aktives Mitglied der
Arbeiterpartei und nach den Wahlen vom Dezember 1973 Mitglied der Knesset.
Ministerpraesidentin Golda Meir ernannte ihn im Maerz 1974 zum Minister fuer
Arbeit. Diese Regierung trat kurz darauf zurueck, und am 2. Juni 1974 wurde
Jitzchak Rabin Ministerpraesident.
Nicht ohne Schwierigkeiten fuehrte er
seine Regierung. Er hatte die IDF zu rehabilitieren, soziale Probleme zu loesen,
die Wirtschaftslage zu verbessern, aber auch das Vertrauen der Bevoelkerung in
die zivile und militaerische Fuehrung nach dem Jom Kippur Krieg
wiederherzustellen. Rabin gelang es, mit Aegypten und Syrien Abkommen zu
erreichen (das Abkommen mit Aegypten fuehrte zum israelischen Rueckzug aus der
Halbinsel Sinai). Mit den Vereinigten Staaten unterzeichnete Rabin ein
Memorandum, das die Unterstuetzung Amerikas fuer Israel sicherte. Als 1976 ein
Flugzeug der Air France von Terroristen nach Uganda entfuehrt wurde, befahl
Rabin die "Operation Jonatan", durch die Passagiere und Besatzung befreit und
nach Israel geflogen wurden. Der Kommandant der Aktion, Jonatan Netanjahu, wurde
bei diesem Einsatz in Entebbe getoetet.
Ein Misstrauensantrag fuehrte 1977 zu
Neuwahlen, nach denen Menachem Begin Ministerpraesident wurde. Nach der Affaire
um das Bankkonto seiner Frau in Washington, trat Rabin aus der Parteispitze
zurueck.
In den naechsten Jahren blieb Rabin
Mitglied der Knesset. Von 1984 bis 1990 war er Verteidigungsminister in zwei
Nationalen Einheitsregierungen. 1990 verliess Rabin das Verteidigungsministerium
und nahm fuer die naechsten zwei Jahre wieder auf der Oppositionsbank Platz.
Im Februar 1992 wurde Rabin
Vorsitzender der Arbeiterpartei und nach den Knessetwahlen im Juni begann seine
zweite Amtszeit als Ministerpraesident. Rabin war der erste "Sabre"
Ministerpraesident. Er fuehlte sich verpflichtet, den Friedensprozess, der in
der Konferenz von Madrid, 1991, begonnen worden war, fortzusetzen. Kurz nach der
Praesentation seiner Regierung erklaerte er: "Es gibt nur zwei Loesungen:
sich ernsthaft um den Frieden zu bemuehen, um die Sicherheit Israels zu
gewaehrleisten, denn ein Frieden ohne Sicherheit ist sinnlos. Oder weiter zu
leben, und fuer immer mit der Feindseligkeit unserer Nachbarn konfrontiert zu
sein."
Gemeinsam
mit seinem Aussenminister Shimon Peres verhandelte Rabin erfolgreich die
Grundsatzerklaerung mit der PLO, die im September 1993 in Washington
unterzeichnet wurde. Diese Grundsatzerklaerung beendete die Intifada und
eroeffnete Verhandlungen mit den Palaestinensern ueber die Autonomie im
Gazastreifen und in der Westbank.

Im Oktober 1994 wurde der
Friedensvertrag mit Jordanien unterzeichnet. Dadurch wurde die Entwicklung
von Kontakten mit anderen arabischen Laendern in Nordafrika und im
Persischen Golf angeregt.
Am 10. Dezember 1994 wurde
Ministerpraesident Rabin, Aussenminister Peres und PLO Chef Arafat der
Friedensnobelpreis verliehen. In seiner Ansprache sagte Rabin:
"Jahrzehntelang diente ich im Militaer. Unter meiner Verantwortung gingen junge
Maenner und Frauen, die leben wollten, die lieben wollten, stattdessen in den
Tod. Sie fielen in der Verteidigung unseres Lebens. ... In unserem Teil der
Welt, im Nahen Osten, in unserer Heimat Israel, aber auch in Aegypten, Syrien,
Jordanien, dem Libanon, gibt es hunderte Friedhoefe. ... Ich verbeuge mich vor
allen - den Gefallenen aller Laender und aller Kriege; vor den Mitgliedern ihrer
Familien, die die unertraegliche Last der Trauer tragen; vor den Invaliden,
deren Narben niemals heilen werden. Heute Abend moechte ich jeden einzelnen von
ihnen ehren, denn dieser wichtige Preis gehoert ihnen. ... Dass wir nun den
Frieden aufbauen, betrachten wir als grossen Segen fuer uns, fuer unsere Kinder
nach uns. Wir betrachten es als Segen fuer unsere Nachbarn und fuer unsere
Partner in diesem Unternehmen - die Vereinigten Staaten, Russland, Norwegen -
die soviel taten, um das Abkommen, das hier in Oslo und spaeter in Washington
und Kairo unterzeichnet wurde, zustande zu bringen. Es ist der Beginn einer
Loesung fuer den schwierigsten Teil des arabisch-israelischen Konfliktes: den
zwischen den Palaestinensern und Israel. ... Frieden ist moeglich. Wir sehen die
Hoffnung in den Augen unserer Kinder. Wir sehen das Licht in den Gesichtern
unserer Soldaten, in den Strassen, den Autobussen, .... Wir duerfen sie nicht im
Stich lassen. Wir werden sie nicht im Stich lassen. ... Mit mir hier sind fuenf
Millionen Buerger Israels - Juden, Araber, Drusen und Tscherkessen - fuenf
Millionen Herzen schlagen fuer Frieden, und fuenf Millionen Augenpaare blicken
auf uns mit so grossen Erwartungen."
Einige dieser erwartungsvoll
blickenden Augenpaare gehoerten Familienangehoerigen. Jitzchak Rabin hatte
waehrend des Unabhaengigkeitskrieges Lea Schlosberg geheiratet. 1950 wurde ihre
Tochter Dalia geboren, fuenf Jahre spaeter ihr Sohn Yuval.
Waehrend des Begraebnisses
verabschiedete sich Enkelin Noa von ihrem Grossvater: "Grossvater, ... ich
moechte dich wissen lassen, dass ich dich bei allem, was ich getan habe, vor mir
sah. Deine Wertschaetzung und deine Liebe haben uns bei jedem Schritt begleitet
und wir haben immer im Licht deiner Werte gelebt. Du hast uns niemals im Stich
gelassen. ... Die Engel im Himmel, die dich jetzt begleiten, bitte ich, gut auf
dich aufzupassen und dich gut zu beschuetzen, weil du einen solchen Schutz
verdienst."
In der Nacht nach Rabins Tod fand eine
Regierungssitzung statt. Einige Stunden zuvor war Shimon Peres mit Jitzchak
Rabin Seite an Seite gestanden und hatte mit ihm "Schir LaSchalom" gesungen -
das Lied des Friedens.
Am Sonntag waren die Strassen und
Geschaefte leer. Die einzigen Worte, die man hoeren konnte, waren: "Ich kann es
nicht glauben. Ich kann es nicht glauben." Vor der Knesset defilierten Millionen
Menschen vor dem Sarg Rabins. Viele waren Stunden gefahren und hatten lange
gewartet, um sich von ihrem Ministerpraesidenten verabschieden zu koennen.
"Ich sehe unser Volk in einem
tiefen Schockzustand, mit Traenen in den Augen", sagte Shimon Peres in
seinem Nachruf. "Aber auch ein Volk, das weiss, dass die Kugeln, die dich
toeteten, nicht deine Idee toeten konnten, die du in dir trugst. Du hast uns
keinen letzten Willen hinterlassen, aber du hast uns einen Weg gezeigt, auf dem
wir mit Ueberzeugung und Glauben weitergehen werden. Die Nation vergiesst heute
Traenen. Aber dies sind auch Traenen der Einheit und der Besinnung auf den
Frieden in uns und den Frieden mit unseren Nachbarn. ... Auf Wiedersehen, mein
aelterer Bruder, Held des Friedens. Wir werden diesen grossen Frieden
weitertragen, jetzt und immer, wie Du es in deinem Leben versucht hast, so wie
du uns mit deinem Tod dazu beauftragst."
Leah Rabin starb am 12. November
2000.
04-11-1995 hagalil.com
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Bearbeitung: Dr. Chani Hinker
Updated: 11/12/00
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