Uri Zwi Greenberg (1894-1981)
"Wird der Messias jemals kommen?
Amen, er wird sicher kommen"
Als Sohn einer chassidischen Familie wurde Uri Zwi Greenberg in Lemberg
erzogen und erhielt eine traditionelle religioese Erziehung. Vor seinem
zwanzigsten Lebensjahr erschienen seine ersten, in jiddischer und hebraeischer
Sprache geschriebenen Gedichte.
1915 wurde er in die oesterreichische Armee eingezogen und diente in ihr bis
er zwei Jahre spaeter desertierte.
Als Greenberg nach Lemberg zurueckkehrte, wurde er Zeuge des Pogroms vom
November 1918, eine Erfahrung, die ihn nachhaltig beeindruckte.
Greenberg lebte in Warschau und Berlin, schrieb und publizierte weiterhin auf
Hebraeisch und Jiddisch.
1924 uebersiedelte er nach Eretz Israel und schrieb ab diesem Zeitpunkt nur
mehr in hebraeischer Sprache.
Obwohl er anfangs als Dichter der Arbeiterbewegung und als regelmaessiger
Beitragender zu „Dawar", der Tageszeitung der Arbeiterpartei, gesehen wurde,
distanzierte sich Greenberg gegen Ende der Zwanzigerjahre von der politischen
Fuehrung des Jischuw und wandte sich den Revisionisten zu.
Nach den arabischen Aufstaenden von 1929 wurde er eines der extremsten
Parteimitglieder und einige Jahre lang ihr Repraesentant in Polen und auf
Zionistischen Kongressen.
In den Dreissigerjahren und besonders nach den Unruhen von 1936, bedauerte
Greenberg, was er fuer eine uebertrieben gemaessigte Reaktion des Jischuw und
eine ehrerbietige, selbstbeherrschte Haltung den Briten und Arabern gegenueber
hielt.
Greenberg, der sich beim Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in Polen aufhielt,
schaffte die Flucht nach Eretz Israel, aber der Rest seiner Familie wurde
waehrend der Schoa ermordet.
In seinem jiddischen Gedicht "Im Malchus fun Tselem" - "Im Koenigreich des
Kreuzes", 1922, hatte Greenberg bereits die Vernichtung des europaeischen
Judentums vorausgesehen und davor gewarnt. So war die Schoa fuer ihn das
tragische, aber fast unausweichliche Ergebnis der Gleichgueltigkeit der Juden
gegenueber ihrem Schicksal. Bereits von da an ist seine Dichtung Ausdruck von
Schreckensvisionen: "Der Leichenturm" (1936).
In "Rehovot ha Nahar" (1951) schrieb Greenberg einen der bewegendsten
Trauergesaenge ueber den Holocaust. Die Tragoedie war fuer ihn der logische
Hoehepunkt der zweitausendjaehrigen Konfrontation zwischen Kreuz und Davidstern.
Die sechs Millionen Toten sind die unueberwindbare Barriere, die fuer ewige
Zeiten Juden und Christen trennen wird. Der Holocaust stellt nicht nur die
Theodizee Gottes in Frage, sondern erscheint als ein schrecklicher Streich, den
Gott und die Geschichte den Juden spielten:
"Du hast versprochen, eines Tages zu kommen, sie zu sammeln und stolz nach Zion
zu fuehren und ihr Koenigreich wiederzuerrichten, ihren Koenig zu erheben. Aber,
siehe da, du bist nicht gekommen, oh Gott. Der Feind kam und sammelte sie alle,
eine Sammlung der Exilierten fuer die Vernichtung. Jetzt ist Erloesung nicht
noetig. Bleib sitzen, Gott, in deinen Himmeln."
Aber Greenbergs Gott bewegt sich ausserhalb der rationalen Dimension und
ploetzlich erhascht der Dichter die Vision vom Kommen des Messias. Die
goettliche Geschichte ist Teil der juedischen Geschichte und basiert auf einem
Paradoxon: Aus der Asche der Krematorien wird die Erloesung aufsteigen, aus der
Verzweiflung Glaube. Der Holocaust und die juedische Souveraenitaet sind zwei
Seiten derselben Medaille der Geschichte.
Fuer Greenberg ist die Idee von Judentum und der wesentliche, unantastbare
Unterschied zwischen Juden und Nichtjuden die Grundlage seiner Gedanken.
Greenberg glaubte, dass der Bund mit Abraham, der spaeter mit den Juden am Sinai
erneuert wurde, die Basis des juedischen Daseins darstellt. Es kann nicht
geleugnet werden, dass goettliche Erwaehlung und alles, was Juden im Geist der
messianischen Erloesung tun, den Sinn hat, die Bedeutung der Erwaehltheit zu
foerdern und zu realisieren. Die Vergangenheit ist die Grundlage der Zukunft,
und das Koenigreich Israel, das unter David seinen Zenit erreichte, wird
wiederbelebt werden. Daher kommt Greenbergs Antipathie gegenueber einer
humanistischen oder universalistischen Annaeherung an das Judentum; im
Gegenteil: juedisch sein bedeutet, von Nichtjuden verschieden und fern zu sein.
Wenn Juden ihren Weg ignorieren, fuehrt dies zu einer Fortsetzung der Gewalt
ihnen gegenueber, wie es die Geschichte immer wieder gezeigt hat. Greenberg
beschuldigte die Welt fuer ihr Schweigen waehrend der Schoa, und die Juden
beschuldigte er fuer ihre Blindheit. Indem sie das Land ihrer Vaeter besiedeln,
hilft ihnen der Zionismus, die ihnen versprochene Erloesung zu verwirklichen.
Fuer Greenberg liegt der Sinn der hebraeischen Poesie darin, die messianische
Vision auszudruecken.
Greenberg hielt sein ganzes Leben an der rechtsgerichteten Politik fest. In
der Mandatszeit war er Mitglied des Irgun und nach der Staatsgruendung fuer die
Cherut Partei in der Ersten Knesset.
Nach dem Sechs Tage Krieg schloss er sich dem „Gross-Israel" Lager an. Trotz
seiner, wie viele meinten, extremen politischen Ansichten, war sein Werk
anerkannt. 1957 wurde er fuer seine Beitraege zur hebraeischen Literatur mit dem
Israel Preis ausgezeichnet. 1976 hielt die Knesset zu seinem achtzigsten
Geburtstag eine Ehrensitzung.
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Bearbeitung: Dr. Chani Hinker
Updated: 11/12/00