David Frischmann (1859-1922)
Ein glaenzender Stern ist in unserer literarischen Sphaere aufgegangen -
Boerne und Heine in deutscher Sprache und
Frischmann in hebraeischer.
(Peretz Smolenskin)
David Frischmann, einer der ersten hebraeisch schreibenden Schriftsteller,
wurde in der Naehe von Lodz als Sohn einer gut situierten Kaufmannsfamilie
geboren. Seine Erziehung umfasste beides, Tradition und Haskalah. Schon als
Fuenfzehnjaehriger veroeffentlichte er zwei Sonette und eine Kurzgeschichte.
Satiren erschienen in Peretz Smolenskins Zeitschrift "Ha Schachar".
Frischmann wechselte dann zu Kurzgeschichten, die von Juden handeln, die mit
den traditionellen Sitten der juedischen Gesellschaft in Konflikt geraten.
Frischmanns Sympathie gehoert dem Juden, der zwischen den Werten der
traditionellen Gesellschaft und der Welt draussen gefangen ist.
„Bar Midbar" (1923) ist eine Sammlung von erfundenen biblischen Geschichten,
in denen die Kinder Israels auf ihrer vierzigjaehrigen Wanderung nach dem Auszug
aus Aegypten hin- und hergerissen werden zwischen ihrer primitiven Begierde und
ihren herkoemmlichen Gewohnheiten und dem neuen moralischen Kodex, den ihnen
Moses predigt. Frischmann beschaeftigt sich hier mit dem Konflikt zwischen
religioesem Glauben und Gesetz und den natuerlichen menschlichen Instinkten.
Wie viele seiner Zeitgenossen wurde Frischmann durch die deutsche Sprache in
die europaeische Kultur eingefuehrt. Heinrich Heine und Ludwig Boerne uebten auf
seine schriftstellerische Taetigkeit grossen Einfluss aus. Frischmann kam
mehrmals nach Deutschland und wurde mit einer Reihe von Wissenschaftlern und
Schriftstellern, darunter Berthold Auerbach, bekannt. 1890 bis 1895 studierte er
an der Universitaet Breslau Philologie, Philosophie und Kunstgeschichte. Nach
seiner Rueckkehr nach Warschau gehoerten Uebersetzungen ins Hebraeische zu
seinem regelmaessigen Lebensunterhalt. (Maerchen von Hans Christian Andersen,
Alexander Puschkins Gedichte, Byrons "Kain" und Friedrich Nietzsches "Also
sprach Zarathustra")
David Frischmann betrachtete das Feuilleton als neue Form der Dichtung, die
fuer ihn einen hoeheren Rang einnahm als jede andere Dichtungsgattung. In seinem
Nachruf auf Theodor Herzl schrieb er:
"Ich kannte ihn als Kuenstler auf seinem Gebiet lange bevor er der
beruehmte Vater des Zionismus wurde. Mein Enthusiasmus fuer Herzl den
Feuilletonisten war so gross, dass ich eine Zeitlang den Zionismus hasste, da er
mich seiner poetischen Kraft beraubt hatte, und einen grossen Dichter in einen
Mann fuer oeffentliche Angelegenheiten verwandelt hatte. Wie immens sein Beitrag
zum Zionismus auch immer gewesen sein mag, der Verlust fuer die Literatur ist
unermesslich."
Frischmann hatte eine spezielle Affinitaet zu politischen Fuehrern mit
literarischem Talent. Er schrieb begeistert ueber die Tagebuecher Ferdinand
Lassalles und die privaten Briefe Rosa Luxemburgs.
Frischmanns sprachliches Ausdrucksmittel war das Hebraeische. Er vertraute
dem biblischen Hebraeisch, das er besser meisterte als seine Zeitgenossen. Er
lehnte das "synthetische" Hebraeisch, das von Mendele Mocher Sforim und seiner
Schule entwickelt worden war, ab. Gelegentlich schrieb er auf Deutsch und
Jiddisch. Jiddische Kurzgeschichten und Feuilletons erschienen in Scholem
Aleichems "Judische Folksbibliothek" und anderen Publikationen.
Frischmann besuchte zweimal Palaestina, 1911 und 1912. Beide Reisen wurden
von der Zeitung "Haijnt" organisiert, fuer die er seine Reiseeindruecke
beschrieb. Sie wurden spaeter auch auf hebraeisch in seinem Buechlein "BaAretz"
- "Im Land" veroeffentlicht. Ueberwaeltigt von seinen Erlebnissen, schrieb er
begeistert ueber die Heiligen Staetten, die Landschaft, seine Treffen mit den
Pionieren und der Wiederbelebung des Hebraeischen.
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges war Frischmann in Berlin, wo er als
feindlicher Auslaender interniert wurde. Nach seiner Freilassung kehrte er nach
Warschau zurueck. Als sich die Deutschen Warschau naeherten, ging er nach
Odessa, wo er bis zum Ausbruch der Russischen Revolution blieb. In Odessa
schrieb er einige seiner schoensten Gedichte und uebersetzte die "Gespraeche der
Brueder Grimm" und die Gedichte des Inders Rabindranath Tagore, sein Meisterwerk
auf dem Gebiet der Uebersetzungen. Sie wurde 1917 in Bialiks Zeitschrift
"Knesset" gedruckt.
Nach der Revolution wurde in Moskau in Zentrum fuer hebraeische Literatur
ins Leben gerufen. Frischmann wurde Chefredakteur von "Ha Tekufah", einer
Vierteljahrsschrift, in der er seine Uebersetzungen (Goethe, Heine, Byron, Oscar
Wilde, Tagore, Anatole France) herausgab.
David Frischmann starb 1923 in Berlin, wo er auch beerdigt wurde.
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Updated: 11/12/00