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100 Jahre Zionismus - praesentiert von: Pedagogic Center der Jewish Agency

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Juedische Aufklaerung, Reformjudentum und juedisches Nationalbewusstsein -
Hintergrundtext und Aktivitaet

von Nili Kadary


Lernziele

  1. Die intellektuellen Grundlagen der juedischen Aufklaerung in Mittel- und Westeuropa.
  2. Reformjudentum.
  3. Juedische Intellektuelle und die Absage an die nationale Einzigartigkeit.

Einfuehrung - Praesentation des Themas

Die juedische Emanzipation fuehrte zu einer Schwaechung des juedischen Nationalbewussteins und in vielen Faellen sogar zur Bereitschaft, juedische Identitaet ueberhaupt aufzugeben. Dieses Modul gibt eine Uebersicht ueber den Einfluss gewisser juedischer intellektueller Trends auf das juedische Volk.

Der erste und wichtigste Einfluss war jener der juedischen Aufklaerung, die die Juden dazu aufrief, ein vollstaendiger Bestandteil der Gesellschaft zu werden und die Idee der juedischen Nationalitaet aufzugeben, die von den Aufklaerern als Hindernis auf dem Weg zur Integration betrachtet wurde.

Die juedische Aufklaerung in Mittel- und Westeuropa

Die juedische Aufklaerung war ein Spross der allgemeinen europaeischen Aufklaerung und uebernahm grosse Teile ihrer Ideen, die im Kontext der juedischen Werte und angesichts der einzigartigen Situation des juedischen Volkes interpretiert wurden. Ihr intellektueller Vater war Moses Mendelssohn, der die Juden aufforderte, sich sozial und politisch ihren Gastlaendern anzupassen und von den positiven Bestandteilen der nichtjuedischen Kultur zu lernen.

Mendelssohns philosophischer Zugang zu den Geboten der Tora unterschied sich von der Tradition. Basierend auf seiner Ueberzeugung, Gottesfurcht sei eine Angelegenheit intellektueller Erkenntnis, verlangte er die Garantie der Freiheit des Glaubens und der Gedanken fuer jeden Menschen, um so offen zu sein fuer Auseinandersetzung und Klaerung.

Mendelssohns Anspruch war, dass keine Verpflichtung verkuendet worden sei, an Gott zu glauben, nicht einmal am Sinai. Nur die Mitzwot, die Gebote, seien verpflichtend und sorgfaeltig und genau zu befolgen. Was den passenden und verhaeltnismaessigen Status von Religion und Nationalitaet betraf, so glaubte Mendelssohn an die Trennung von Kirche und Staat - ein Grundsatz, der im Europa der Aufklaerung breite Zustimmung fand und der es deshalb ablehnte, religioesen Autoritaeten politische Macht zu verleihen. Praktisch gesehen, wuerde diese Interpretation den juedischen Gemeindeinstitutionen ihre interne Autonomie abgesprochen haben.

Es ist beachtenswert, dass Mendelssohn trotz seiner eigenen innovativen Ansichten Zeit seines Lebens ein orthodoxer Jude blieb. Seine Nachfolger fuehrten seine Gedanken an ein extremes Ende:

  • Sie liessen eine Reihe von Mitzwot unberuecksichtigt und leugneten die halachische und historische Bedeutung des Talmud, der Quelle juedischen Rechts, nach der Juden ueberall auf der Welt leben.
  • Sie behaupteten, die Treue zur talmudischen Tradition und die Befolgung der Gebote wuerde Juden daran hindern, ihren buergerlichen Verpflichtungen gegenueber ihrem Heimatland nachzukommen.

Die Annahme der Ideen der juedischen Aufklaerung durch einen Teil der mittel- und westeuropaeischen Juden hatte sofortige Konsequenzen:

  • Sie waren dazu gezwungen, ihre Haltung gegenueber den Konzepten und Werten von Erziehung, Gesellschaft und Wirtschaft zu aendern.
  • Sie entwickelten einen neuen Zugang zum Konzept der Erloesung.
  • Sie definierten eine neue Annaeherung an die strenge Befolgung der Gebote der Tora./li>

Die Fuehrer der juedischen Aufklaerung waren der ueberzeugung, diese Anpassungen auf den Gebieten der Erziehung, der Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft, wuerden die Juden ihren christlichen Nachbarn naeher bringen, zu einer vollstaendigen Integration in ihren Gastlaendern fuehren und den Prozess der Emanzipation beschleunigen.

Aufklaerung und juedischer Nationalismus

Die Frage der Loyalitaet zu einer juedischen Heimstaette und die patriotische Identifikation mit ihr, war ein zentrales Thema der juedischen Aufklaerung.

Die Einzigartigkeit der Verbindung - und die europaeische Gesellschaft war sich dessen bewusst - zwischen dem juedischen Volk und dem Land Israel stellte ein Hindernis auf dem Weg zu Identifikation mit den Laendern, in denen die Juden lebten, dar, denn es war fuer einen Menschen unmoeglich, zwei Heimatlaender zu haben.

Der Versuch der juedischen Aufklaerung, die Beziehung zwischen dem Volk und dem Land Israel zu leugnen, war ein direkte Folge des Wunsches, dieses Dilemma zu ueberwinden. Schon bei Moses Mendelssohn finden sich Ansaetze, die Beziehung zwischen dem juedischen Volk und den Juden der Antike, die in Eretz Israel gelebt hatten, zu verwischen.

Mendelssohns Version war gemaessigt, seine Nachfolger jedoch drueckten sich radikaler aus. David Friedlander forderte, dass jede Erwaehnung Zions und Jerusalems aus dem Siddur, dem traditionellen Gebetbuch, zu entfernen sei, denn die Juden haetten nur das preussische Vaterland, fuer dessen Wohlergehen sie verpflichtet seien, zu beten. In Frankreich nahm Samuel Levi eine aehnliche Position ein, als er erklaerte, Frankreich habe als erstes Land die beschaemende Situation der Juden abgeschafft. "Frankreich ist unser Eretz Israel, Seine Berge sind unser Zion, seine Fluesse - unser Jordan."

Es scheint, dass die Aufklaerung in ihrem Versuch, die natuerliche Verbindung zwischen dem juedischen Volk und dem Land Israel zu negieren, einen Beitrag leistete, die nationalistischen Bestrebungen der Juden zu schwaechen.

Reformjudentum

Am Anfang des 19. Jahrhunderts gingen aufgeklaerte Juden daran, verschiedene Reformen in die juedische Religion einzufuehren. Diese Aufklaerer, von denen viele den Ideen Moses Mendelssohns folgten, versuchten, die Emanzipation der mitteleuropaeischen Juden zu foerdern.

Die Proponenten dieser Reformen glaubten an die abstrakten Prinzipien des Judentums: Monotheismus und reine Sittenlehre (wegen der Aehnlichkeit mit den Grundsaetzen des Christentums), waehrend sie die Grundsaetze, die nur dem Judentum eigen waren, als Beitrag zur juedischen Isolation betrachteten. In der Praxis waren diese Reformen dazu gedacht, die nationalistischen Prinzipien des juedischen Lebens zu entwurzeln und das Judentum in eine Art religioese "Kirche" umzugestalten, deren Mitglieder nur im Glauben Partner sind und nicht in einer nationalen Identitaet.

In einer Reihe von juedischen Gemeinden Mitteleuropas begann man, in "Reformsynagogen" zu beten, die die christlichen Kirchen nachahmten.

Der Bannertraeger und Chefideologie der Reformbewegung war Abraham Geiger. Er verlangte, das Judentum muesse alle Elemente, die die juedische Isolation foerderten, entfernen.

  • Das Reformjudentum muss die juedische Religion im Geist von Wissenschaft und Weisheit neu gestalten.
  • Aus der Liturgie sollten alle Bestandteile, die die Rueckkehr nach Zion und das Kommen des Messias betreffen, entfernt werden. Stattdessen sollte die universale Bedeutung der messianischen Idee betont werden.
  • Verschiedene Elemente des Judentums wurden als hinderlich fuer eine Annaeherung zwischen Judentum und Christentum und der Emanzipation betrachtet

Geiger versuchte zu beweisen, dass die Juden Deutschlands Deutsche juedischen Glaubens seien und nicht Teil einer juedischen Nationalitaet. Er gab zu, dass es Unterschiede gaebe zwischen Juden und anderen Deutschen, diese seien aber weniger bedeutend als die Unterschiede zwischen den Juden Deutschlands und den Juden Frankreichs. Die Verbindung zwischen den Juden auf der Welt sei rein religioes, sagte Geiger, und daher sei kein Grund vorhanden fuer eine Solidaritaet zwischen Juden verschiedener Laender.

Auf diese Weise leugnete Geiger einen der wichtigsten Grundsaetze juedischer Existenz durch die Jahrhunderte: die Einheit Israels und die gegenseitige Verantwortung der Juden ueberall auf der Welt.

Schlussfolgerung

Die Bemuehungen der juedischen Aufklaerung, das Judentum zu reformieren, stiessen auf erbitterten Widerstand der orthodoxen Rabbiner, die der Ansicht waren, die Ideen und Handlungen der Reformer wuerden zur Assimilation des juedischen Volkes fuehren.

Gleichzeitig mit dem Beginn des nationalen Erwachens der europ?ischen Voelker, strebten die Vertreter der juedischen Aufklaerung nach einer vollstaendigen Integration in die nichtjuedische Gesellschaft als "Gleiche unter Gleichen". Der Preis fuer diese vollstaendige Integration war die Leugnung der juedischen Nationalitaet. So behinderte die juedische Aufklaerung die Etablierung einer juedischen nationalistischen Bewegung.


Aktivitaetsvorschlag

Juedische Aufklaerung, Reformjudentum und juedisches Nationalbewusstsein


Assimilation oder Integration?
Ein simulierte Debatte zwischen orthodoxen Rabbinern und "Maskilim".


Programmentwurf

  1. Teilung in zwei Gruppen.
    1. Die eine Gruppe repraesentiert die orthodoxen Rabbiner, die sich hartnaeckig gegen jeden Wechsel im juedischen Leben und gegen religioese Reformen aussprechen, denn diese fuehren unweigerlich zur Assimilation des juedischen Volkes unter den Nichtjuden.
    2. Die zweite Gruppe vertritt die Anhaenger der Aufklaerung, die nach Integration in der sie umgebenden Gesellschaft streben und Aenderungen auf verschiedenen Gebieten des juedischen Lebens einfuehren wollen. Diese Reformen sind ihrer Meinung zeitgemaess.
    3. Diese beiden Gruppen fuehren nach einer Vorbereitungszeit eine Debatte, die ihre Anschauungen ueber die Entwicklung der europaeischen Judenheit waehrend des 19. Jahrhunderts widerspiegelt.
  2. Den Gruppen soll eine zehnminuetige Vorbereitungszeit gewaehrt werden. Aus jeder Gruppe waehle man drei Vertreter, die sich auf das Podium begeben und die Diskussion fuehren. Die Stellungnahmen sollen sich mit folgenden Themen beschaeftigen:
    • Erziehung (traditionelle juedische Erziehung versus weltliche Erziehung).
    • Die juedische Gemeinde (Fortsetzung der Gemeindeautonomie gegen deren Ablehnung.
    • Juedischer Nationalismus (Judentum ist Religion und Nationalitaet versus Judentum ist nur Religion).
  3. Ausfuehrung:
    1. Die Argumente der Rabbiner werden versuchen, zu beweisen, dass die Ideen der Aufklaerung und die Aktivitaeten ihrer Proponenten die Juden zur Assimilation fuehren und so den Fortbestand des juedischen Volkes gefaehrden.
    2. b.) Die Argumente der "Maskilim" werden darlegen, dass die Moderne Aenderungen auch fuer das Judentum erfordert. Integration bedeutet nicht Assimilation. Die Integration entfernt die Juden aus ihrer Isolation und wird sie auf verschiedenen Gebieten voranbringen.
    Zu diesem Zweck soll jede Gruppe die Zusammenfassung der Hauptideen erhalten. (Anhang1 und Anhang 2).
  4. Man stelle einen "Runden Tisch" her, das Publikum sitzt rund um das Podium. Die Debatte zwischen den Gruppen wird gemaess der drei Themen gefuehrt. Jede "Seite" praesentiert ihre Argumente zu einem Thema, das Publikum hat das Recht, zu den einzelnen Punkten Beitraege zu leisten. Dann kommt das naechste Thema an die Reihe usw.
  5. Der Lehrer fungiert als Moderator und leitet die Debatte. Er muss sicher sein, dass sich die Teilnehmer jederzeit daran erinnern, in ihrer Rolle zu bleiben. Es ist die Aufgabe der Gruppenvertreter, die jeweilige "Gegenseite" von der Richtigkeit der Argumente und der ihnen zugrunde liegenden Philosophie zu ueberzeugen.
  6. Uebersicht
    Der Moderator fasst die Aktivitaet zusammen:
      1. Die Anhaenger der juedischen Aufklaerung glaubten, dass Aenderungen im Judentum notwendig seien. Diese Aenderungen wuerden die Juden den Voelkern, unter denen sie lebten, naeherbringen, die Emanzipation beschleunigen und die Integration in die Gesellschaft als "Gleiche unter Gleichen" unterstuetzen. Um dies zu erreichen, waren die Aufklaerer bereit, den juedischen Nationalismus zu opfern.
      2. Die orthodoxen Rabbiner beharrten darauf, dass es in der Lebensweise der Juden keine Aenderungen geben solle, denn solche "Reformen" wuerden das juedische Volk unweigerlich zur Assimilation bringen. Im Gegensatz zu den Aufklaerern, unterschied die Orthodoxie nicht zwischen religioeser und nationaler Identitaet. Deshalb widersetzten sie sich hartnaeckig Veraenderungen und Reformen betreffend die Sehnsucht nach Zion und nach Erloesung. Der Glaube an das Kommen des Messias stand nicht im Widerspruch mit ihrer Loyalitaet zum Staat.

      Zusammenfassend ist es wichtig, zu bemerken, dass - trotz der Uneinigkeit zwischen der Orthodoxie und den Aufklaerern - beide Seiten die Errichtung einer juedischen Nationalbewegung zurueckwiesen.

      1. Die Aufklaerer, weil sie den Wunsch hatten, jeden Ausdruck juedischer Einzigartigkeit zu entfernen;
      2. die Orthodoxie, weil sie die kuenstliche Beschleunigung des Erloesungsprozesses ablehnte.
    • Welche Relevanz haben diese Standpunkte heute?

      Die Aktivitaet zeigt das Dilemma auf, dem die Juden der Moderne gegenueberstehen - einerseits die Moeglichkeit der Integration, und andererseits die Notwendigkeit, die Einzigartigkeit des juedischen Lebens zu schuetzen.

Fuer Standpunkte siehe:Anhang.


 

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Bearbeitung: Dr. Chani Hinker

Created: 16/11/00 Updated: 14/12/00


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